Gastautor: Jérôme Lacourrège
Wandern mit Kindern kann wunderbar sein. Aber auch furchtbar anstrengend! “Papa, sind wir bald da?” und “Meine Beine sind müde!” habe ich während meiner Wander-Karriere mit Kindern schon unzählige Male gehört. Und doch gibt es Wanderungen, die Kindern mehr Spass machen als andere. Wir von Mamarocks zeigen euch unsere Tipps für Wandern mit Kindern, sowie unsere liebsten Wanderungen in der Schweiz. Garantiert familientauglich.
Wie wähle ich eine Familienwanderung aus?
Am Besten, du passt dich dem Schwächsten, meist also dem jüngsten Familienmitglied an. Wie lange mögen die kurzen Beinchen unseres Kleinsten schon laufen? Ist die Wanderung kinderwagentauglich? Ansonsten ist eine Trage oder eine Kraxe sicher eine gute Wahl. Mittlerweile können wir gut einschätzen, wie weit unser jüngstes Kind laufen mag. Und zur Not kommt er halt für ein paar Minuten auf die Schultern.

Ideal sind kurze Touren mit wenig Steigung, etwa zwei bis fünf Kilometer für kleinere und bis zu 8 Kilometer für grössere Kinder. Selbstverständlich ist das sehr individuell. Unser 3.5-Jähriger erstaunte alle, als er plötzlich die Liebe zum Wandern entdeckte und an einem Nachmittag 13 Kilometer lief. Abwechslung hilft: Tiere, Wasserläufe oder Themenwege motivieren zum Weiterwandern. Auch Spielplätze, Restaurants oder Spiele unterwegs machen die Wanderung kurzweiliger. Mehr Tipps für die richtige Wander-Motivation unterwegs findet ihr übrigens in diesem Blogpost.
Generell gilt: Plant immer genügend Zeit ein. Mit kleinen oder auch grösseren Kindern gerne das Doppelte der “Erwachsenenzeit”. Kinder schauen viel mehr neben den Weg. Ein Ameisenhügel oder ein Fuchsbau, an dem wir achtlos vorbeigehen würden, kann für eine längere Pause sorgen. Ein möglicher Rückweg mit Bus/Bahn oder eine potentielle Abkürzung sorgen dafür, dass ihr solche Momente zusammen geniessen könnt.

Unsere liebsten Familienwanderungen
Das Universum erwandern: Planetenweg Uetliberg - Felsenegg
Eine der allerersten Wanderungen, die wir vor fast 9 Jahren mit unserer Tochter gemacht haben. Die etwas mehr als sieben Kilometer sind komplett hindernisfrei und durchgängig kinderwagentauglich. Vom Start bei der Bergstation der Uetlibergbahn geht es vom massstabsgetreuen Modell der Sonne einmal quer durchs Sonnensystem bis zum Zwergplaneten Pluto. Jeder Schritt auf dem Weg entspricht einer Million Kilometern im echten Universum. Das findet unsere Tochter auch heute noch spannend. Die Aussicht vom Albisgrat auf den See und die Berge ist wunderschön. Unterwegs gibt es immer wieder Grillstellen und viel Natur. Von der Felsenegg hinunter geht es mit der Seilbahn nach Adliswil.

Wer findet den Moorgeist? Zugiblubbi Erlebnisweg
Dass es auf dem Zugerberg ein grosses Hochmoor gibt, wissen wohl einige. Doch kennst du Zugiblubbi, den freundlichen Moorgeist? Wir haben ihn bereits einige Male gesucht. Bei der Bergstation der Zugerbergbahn schnappt ihr euch eine Schatzkarte und sucht auf der schönen Rundwanderung Diamanten und Hinweise. Der Weg ist kinderwagentauglich und die verschiedenen Posten des Themenwegs bieten viel Abwechslung. Labyrinthe, Barfusspfade, Klettergerüste und sogar ein gigantischer Pilzgarten laden zum Entdecken mit allen Sinnen ein.

Alles über Ziegen: Geissä Wäg
Schon die Fahrt hoch zum Mostelberg ist ein Highlight, fährt man doch mit einer Drehgondel. Hier oben habe ich übrigens vor über 30 Jahren Skifahren gelernt. Bevor es auf den Geissä Wäg geht, müsst ihr aber an Rondos Kinderwelt mit Hüpfburgen, Tubing und einer Rodelbahn vorbei. Wir raten euch, euren kleinen Abenteuern die Schlittelbahn als Belohnung für den Rückweg in Aussicht zu stellen, dann läuft es sich erfahrungsgemäss viel einfacher.
Der Weg führt auf zweieinhalb Kilometern an sieben Posten zum Ziegenhof Blüemlisberg, wo es grossartiges Glacé gibt. Selbstredend aus Ziegenmilch. Unterwegs lernen wir viel Spannendes über Ziegen. Wer mag, kann auf dem Rückweg noch über den 374 Meter langen “Skywalk”. Die Hängebrücke war für uns eine richtige Mutprobe.

Bucketlist-Erlebnis: Aareschlucht
Ist die Aareschlucht touristisch? Ja! Kümmerte das unsere Kinder? Nein. Das Erlebnis spricht für sich: Unter uns tost die Aare durch die jahrtausende alte Schlucht, von oben tropft es und immer wieder geht es durch Tunnels. Hier spüren wir alle die rohe Kraft der Natur und fühlen uns auch als Erwachsene plötzlich wieder ganz klein. Wie die Schlucht wohl erst aus Kinderperspektive wirkt? Der Weg ist aber immer gut gesichert und wäre zum grössten Teil kinderwagentauglich, aufgrund der schmalen Wege und oft vielen Menschen empfiehlt sich eine Trage. Für die Wanderung bezahlst du übrigens Eintritt.

Idylle pur: Mettmen-Alp Garichtisee
Die Anreise mit dem Postauto & Seilbähnchen ab Schwanden hat es in sich. Doch kaum ist man auf der Mettmen-Alp angekommen, sind wir mitten in der Natur. Ein etwa einstündiger, meist flacher Weg führt um den zauberhaften Garichti-Stausee. Unterwegs machen wir Halt an einer der vielen Grillstellen.

Auf dem Barfusspfad beim Naturfründehuus kühlen wir unsere Füsse im Bergbach ab und lernen nebenbei einiges über das Hochmoor und das älteste Wildschutzgebiet Europas. Und unsere Tochter entdeckt sogar einen Adler bei der Murmeltierjagd. Spannung pur im Glarnerland.

Abkühlung im Hochsommer: Areuse Schlucht
Die S-Bahn leert sich in Noiraigue. Die meisten Wanderer machen sich auf den Weg zum Creux du Van. Aber wir? Wir entscheiden uns für den Weg zurück in Richtung Neuchâtel. Wir folgen dem Fluss Areuse durch den märchenhaften Wald hinunter zum Neuenburgersee nach Boudry. Unterwegs entdecken wir alte Elektrizitätswerke, Brücken, Angler, steile Treppen, geheimnisvolle Höhlen aus der Steinzeit – und ganz viele Wasserfälle. Das grösste Highlight für uns alle ist aber die wunderschöne Steinbrücke «Pont du Saut du Brot». Da vergisst man beinahe, weiterzugehen. Für die Wanderung ist eine gewisse Trittsicherheit wichtig, hier möchte niemand in den Fluss fallen…

Auf dem Grat: Alpenzauberweg Gstaad
Die Seilbahn führt hoch auf den Rinderberg. Das Gute, wenn man den Alpenzauberweg in der Nähe von Gstaad mit Kindern begeht: Am Anfang stehen Restaurant und Kinderspielplatz. Ein erster kurzer, aber intensiver Aufstieg führt auch gleich zum Berggipfel. Mein Sohn platzte fast vor Stolz, als er sich zum ersten Mal in ein Gipfelbuch eintragen durfte. Auch der Adler, der dort oben stolz seine Runden flog, zog mein Mittelkind in den Bann.

Und auch sonst gibt es auf den knapp sechs Kilometern Weg viel zu entdecken. Auf acht Posten erfahren die Kinder (und ihre Eltern) ganz viel Spannendes über das Leben auf der Alp. Und wer alle Posten korrekt abstempelt, bekommt am Schluss bei der Seilbahn ein grossartiges Geschenk. Apropos Seilbahn: Runter geht's mit einem Sessellift. Ein letztes grosses Abenteuer zum Schluss.

An der Wand der Superlative: Eigertrail
Es ist eine Wanderung, auf der eigentlich keine Schweizer anzutreffen sind. Und Kinder erst recht nicht. Dafür sind Koreaner, Israeli, Franzosen und Spanier auf dem Weg unterwegs, der sich von der Station Eigergletscher am Fusse der imposanten Eigernordwand entlang bis nach Alpiglen hinab schlängelt. Unser Sohn beschliesst übrigens, dass er den Eiger auch einmal besteigen möchte, jedoch lieber von der anderen Seite her. Die 1600 Meter der Nordwand will er den Profis überlassen. Wir sind gespannt…

Wir haben vermutlich noch nie so viele Komplimente dafür bekommen, dass wir mit unseren beiden Grossen gewandert sind. Und man fragt sich, wieso eigentlich? Der Weg geht meist bergab, es braucht nur wenig Trittsicherheit und neben der mächtigen Wand des Eigers gibt es unterwegs zahlreiche Bergbäche, in denen man Planschen und Insekten beobachten kann.

Wandern mit Kindern ist nicht immer einfach, aber fast immer erfüllend – vor allem, wenn man Touren wählt, die kleine Entdeckerherzen höherschlagen lassen. Mit etwas Planung, vielen Pausen und der richtigen Dosis Abenteuer kann jede Familienwanderung zu einem unvergesslichen Erlebnis werden. Und wer weiss – vielleicht steckt in den müden Beinchen von heute ja schon die Gipfelstürmerin, der Gipfelstürmer von morgen.
